We’ve updated our Terms of Use to reflect our new entity name and address. You can review the changes here.
We’ve updated our Terms of Use. You can review the changes here.
/

lyrics

Blochin

Es hatte alles so gut angefangen
die Revolution (wie sie es selbst nannten)
der Putsch (so sagten die Anderen)
der Oktober jedenfalls war unblutig gewesen
die Macht lag auf der Straße
mit ihnen die wenigen Arbeiter
nahmen sich die Fabriken
die vielen Bauern
nahmen sich das Land
die Soldaten
hörten auf zu kämpfen
kurz schien es Wirklichkeit zu werden:
Alle Macht den Räten!
Sie nahmen selbst die Macht auf
nahmen sie ganz
(nicht die Räte, sondern die Partei)
und durften sie bald
nicht mehr aus den Händen geben, denn
hätten sie sie aus den Händen gegeben
wären sie erschossen worden
Brot gab es wenig aber Kugeln
es war Weltkrieg gewesen
sie lernten schnell

Sie gewöhnten sie sich langsam daran
alle Probleme durch Erschießen zu lösen
mit ihnen Blochin,
im Keller der Lubjanka
der mit dem schmerzenden Zeigefinger
der, dessen Hand niemals zitterte

sie erschossen die Weißen
(die sie erschossen hätten)
die Revolutionäre von gestern
(mit denen sie die Verbannung geteilt hatten)
die Bauern, die Getreide versteckten
die Soldaten, die nicht kämpfen wollten
die in den eigenen Reihen
die korrupt waren oder
nicht schießen mochten
lang könnte die Aufzählung sein
sie hatten viele Probleme
sie konnten die Lösung nicht aufschieben
Sie entmachteten die Sowjets
erledigten Widerstände auf gewohnte Art
und ihre Hände zitterten nicht
als sie die Matrosen von Kronstadt
erschossen, wie Rebhühner, so sagten sie

Sie hatten sich daran gewöhnt
alle Probleme durch Erschießen zu lösen
im Keller der Lubjanka
mit ihnen Blochin,
der mit dem schweren Arm
dem schmerzenden Zeigefinger
der, dessen Hand niemals zitterte

sie waren mit wehenden roten Fahnen
Hymnen singend, der Arbeiterbewegung
wie Weiße geworden
und glaubten doch
Als Avantgarde der Klasse
Leiter und Anleiter, Lehrer und Führer
voranzuschreiten
in eine bessere und gerechtere Welt
eine Weile sah es so aus
als hätten sie verstanden
dass Erschießen
nicht die Lösung ist für alle Probleme
Sie kürten einen zum Chef
der Ruhe versprach, statt
permanenter Revolution
man könnte auch sagen
Ruhe und Ordnung
im Schatten der Mauer
Friedhofsruhe
aus gehärtetem Stahl

Für Ruhe und Ordnung
hatten sie Organe geschaffen
Die waren gewohnt
alle Probleme durch Erschießen zu lösen
im Keller der Lubjanka
mit Blochin
beim Schiessen immer nüchtern
der mit dem schmerzenden Zeigefinger
der, dessen Hand niemals zitterte

Als Leiter und Anleiter, Lehrer und Führer
sorgten sie sich um die Verdammten dieser Erde
als Marxisten meinten sie
verstanden zu haben
dass das mit dem Sozialismus
schwierig werden würde
in einer Bauerngesellschaft
sie brauchten Arbeitskraft
für den Aufbau der Industrie
aus der Idee von Resozialisierung
fortschrittlich, am Puls der Zeit
wurde Sklavenarbeit am Weißmeerkanal
aus Bauernbefreiung Kolchosen
und weil die Bauern nicht wollten
lösten die Organe Probleme wie gewohnt
aber weil die Erschossenen kein Korn anbauten
die Versklavten das Vieh schlachteten
bevor es wie das Saatgut beschlagnahmt wurde
die Erschossenen kein Korn anbauten
Hungerbäuche allerorten - überall
lagen die Leichen auf den Straßen
hart mussten sie sein und unerbittlich
was waren ein paar Millionen Tote
gegen die Hoffnung der Menschheit?
so viele Probleme harrten einer Lösung!

Nun standen sie selbst
Opfer und Täter
Täter und Opfer
im Keller der Lubjanka
vor ihnen Blochin
wie immer Profi, nüchtern
mit Lederschürze und schmerzendem Arm
der, dessen Hand niemals zitterte

Täter und Opfer
wartend auf den Schuss
die Hoffnung der Menschheit
sich selbst verschlingend
von ihnen geschaffen
zum Wohle des Volkes
schritt der Fünfjahrplan voran
in den Wäldern Massengräber
Es waren so viele Opfer nötig
für den Fortschritt
was würde nun werden?
aus all der Hoffnung?
nach so vielen Opfern?
aus dem Sozialismus?
für den sie alles tun würden!
und alles opfern!
Was würde werden?

Hinter ihnen die Revolution
vor ihnen Blochin, der
mit dem schmerzenden Zeigefinger
dessen Hand niemals zitterte
sie waren es gewohnt
alle Probleme
durch Erschießen zu lösen
Er war es gewohnt
zu schießen
ein paar Jahre später
sollte die Revolution
ihre Kinder fressen,
jetzt
verschlang sie
die Eltern zuerst
ein Schuss!
Dunkelheit!
NICHTS!

...hätte eine Revolution endgültiger töten können!

credits

from KAPUTT und die Hoffnung, released February 23, 2024
- Klavier: Penny Crémant aka Kiki
– Kontrabass, Hans (Popstar aus 14806 “Bad” Belzig)
– Waschbrett: Sahara B

license

tags

about

Geigerzaehler Berlin, Germany

Ganz früher, als in Berlin noch diese seltsame Betonwand herumstand, wurde in Budyšin ein Kind geboren, das früh die musikpädagogischen Errungenschaften der Deutschen Demokratischen Republik geniessen und Geige spielen wollte, durfte, sollte, musste.

Die Betonwand fiel um. Ich schnitt mir einen Iro...

geigerzaehler.info/uber-mich/
... more

contact / help

Contact Geigerzaehler

Streaming and
Download help

Report this track or account

If you like Geigerzaehler, you may also like: